Deutschland darf sich mit dem Titel des „Exportweltmeisters“ schmücken und wird für seine Außenhandelsüberschüsse heftig kritisiert – u. a. seitens der EU-Kommission, der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der US-Regierung. Wie bei jeder kontroversen Diskussion ist es bei der Auseinandersetzung um den deutschen Handelsbilanzüberschuss wichtig, die wesentlichen Daten und Fakten zu kennen, die ich nachfolgend aus einigen seriösen Quellen zusammengestellt habe.
Laut einem aktuellen Artikel der Bundeszentrale für politische Bildung vom 04.04.2018 hängt jeder vierte Arbeitsplatz in Deutschland vom Export ab.
Deutschlands Außenhandelsquote (prozentualer Anteil des Warenexports und -imports eines Staates am jeweiligen Bruttoinlandsprodukt) lag in 2017 bei 70,89%. Eine Zeitreihe zur Entwicklung der deutschen Außenhandelsquote zwischen 1990 und 2015 illustriert die folgende Grafik von Makronom.de:
Im Jahr 2017 exportierte Deutschland nach Angaben des Statistischen Bundesamtes Waren im Wert von 1.279,07 Milliarden € (2016: 1.207,0 Milliarden €, 2015: 1.194,0 Milliarden €) und importierte im Gegenzug Waren im Wert von 1.034,32 Milliarden € (2016: 954,6 Milliarden €, 2015: 949 Milliarden €).
In allen Jahren seit 1952 wurden mehr Waren aus Deutschland ausgeführt als eingeführt. In den dreizehn Jahren von 2004 bis 2017 lag der Handelsbilanzüberschuss dabei dreizehnmal bei mehr als 150 Milliarden €. Und auch 2009 war die Handelsbilanz trotz der Finanz- und Wirtschaftskrise und der hohen Exportabhängigkeit Deutschlands positiv (138,7 Milliarden €).
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wurde 2016 mit 249,0 Milliarden € der bisher höchste Handelsbilanzüberschuss erzielt gefolgt von 2017 mit 245,0 Milliarden €. Auf 2015 und 2014 entfielen der dritt- und vierthöchsten Überschüsse (2015: 244,3 Milliarden €, 2014: 213,6 Milliarden €).
Diese Grafik zeigt übrigens, dass der deutsche Exportüberschuss nicht allein aus einem überproportional starken Warenexport resultiert, sondern aus einem stetigen Auseinanderlaufen von Warenexporten und Warenimporten. Mit Ausnahme des durch die globale Finanzkrise verursachten Absturzes beider Kurven zwischen 2008 und 2009, verlaufen die Kurven für die Warenexporte und Warenimport über den gesamten Zeitraum zwischen 1994 und 2017 fast linear – allerdings ist der Steigungswinkel der Kurve für die Warenexporte höhere, als der Steigungswinkel für die Warenimporte.
Das Statistische Bundesamt veröffentlicht jährlich die wesentlichen Daten und Fakten zum deutschen Außenhandel unter dem Titel „Deutscher Außenhandel – Export und Import im Zeichen der Globalisierung„. Die Veröffentlichung enthält auch historischen Daten und Fakten.
Zu den zehn wichtigsten Handelspartnern Deutschlands beim Export gehören gemäß dem Statistischen Bundesamt in erster Linie angrenzende Nachbarländer und das Vereinigte Königreich, sowie außerhalb Europas die Vereinigten Staaten von Amerika und die Volksrepublik China.
2015 entfielen auf die zehn wichtigsten Handelspartner jeweils rund 60 % der deutschen Warenausfuhren und Wareneinfuhren. Erweitert man den Kreis der Handelspartner auf die jeweils 25 bedeutendsten Länder, so deckten diese bereits über 80 % der deutschen Ausfuhren und Einfuhren ab.
Die Top 10 der wichtigsten Handelspartner Deutschlands in Bezug auf die Exporte in Höhe von 1.194,0 Milliarden € waren im Jahr 2015:
<KURZER EXKURS>
Bei der Diskussion um die deutschen Handelsbilanzüberschüsse wird immer wieder der (aus deutscher Sicht zu niedrig bewertete) Euro als wesentliches Argument angeführt – unter anderem wird behauptet, die deutschen Exporterfolge würden auf Kosten der anderen Staaten der Eurozone erzielt. Tatsächlich exportiert Deutschland nur rund 37% seines Exportvolumens in die Eurozone.
Diese Statistik unter dem Titel „Wert der Exporte aus Deutschland nach Ländergruppen im Jahr 2017“ zeigt, wie sich die 1.279,07 Milliarden € Exporte aus Deutschland auf die Kontinente bzw. innerhalb Europas auf die Eurozone sowie die Nicht-Euro-Staaten verteilen, nämlich (die Prozentangaben in Klammern beziehen sich jeweils auf die 1.279,07 Milliarden € Exportvolumen):
- 872,47 Milliarden € (= 68%) nach Europa – davon 749,70 Milliarden € (= 59%) in EU-Staaten und 122,77 Milliarden € (= 10%) in Nicht-EU-Staaten
- 471,77 Milliarden € (= 37%) in EU-Staaten, die der Eurozone angehören, vs. 277,93 Milliarden € (= 22%) in EU-Staaten, die nicht der Eurozone angehören
- 212,25 Milliarden € (= 17%) nach Asien vs. 154,36 Milliarden € (= 12%) nach Amerika vs. 25,57 Milliarden € (= 2%) nach Afrika vs. 11,29 Milliarden € (= 1%) nach Australien&Ozeanien
Die nächste Statistik unter dem Titel „Deutsche Exporte und Importe nach Ländergruppen im Jahr 2017“ zeigt die deutschen Export und Importe nach Ländergruppen in 2017 in Milliarden €:
<EXKURS ENDE>
Die Top 10 der wichtigsten Handelspartner Deutschlands in Bezug auf die Importe in Höhe von 949 Milliarden € waren im Jahr 2015:
Die Handelspartner mit den höchsten positiven und negativen Handelsbilanzen waren in 2015 aus deutscher Sicht:
Die Ausfuhren der vier größten Warengruppen (Kraftwagen und Kraftwagenteile, Maschinen, chemische Erzeugnisse sowie Datenverarbeitungsgeräte, elektronische und optische Erzeugnisse) sind wertmäßig für 51 % der Gesamtausfuhren verantwortlich. Die sieben wichtigsten Ausfuhrwarengruppen (einschl. elektrische Ausrüstungen, pharmazeutische und ähnliche Erzeugnisse sowie sonstige Fahrzeuge) decken mehr als zwei Drittel aller Ausfuhren ab.
Leider sind die folgenden Statistiken noch nicht für die Jahre 2016 und 2017 verfügbar.
Die Top 10 der wichtigsten Handelswaren bei den deutschen Exporten wiederum in Höhe von 1.194,0 Milliarden € waren in 2015:
Anders als die Ausfuhren sind die Einfuhren nach Deutschland nicht so stark auf wenige Gütergruppen konzentriert. Dominiert werden die Einfuhren von Datenverarbeitungsgeräten (einschließlich elektronische und optische Erzeugnisse), Kraftwagen und Kraftwagenteilen sowie von chemischen Erzeugnissen, die fast 30% der Gesamteinfuhren ausmachen. Die fünf bedeutendsten Warengruppen in der Einfuhr (zuzüglich Maschinen sowie Erdöl und Erdgas) nehmen einen Anteil von über 44% aller Einfuhren ein.
Die Top 10 der wichtigsten Handelswaren bei den deutschen Importen wiederum in Höhe von 949 Milliarden € waren in 2015:
Gemäß der Aufteilung nach industriellen Hauptgruppen (im Englischen „Main Industrial Groupings“ beziehungsweise MIG genannt), die eine Zuordnung der gehandelten Güter entsprechend ihrer Verwendung erlaubt, wird der deutsche Außenhandel überwiegend von Investitions- und Vorleistungsgütern bestimmt. Dies trifft sowohl auf die Exporte als auch auf die Importe zu. Bei den Ausfuhren vereinigen beide vorgenannte Gütergruppen drei Viertel des Gesamtwertes auf sich (Investitionsgüter: 46%, Vorleistungsgüter: 30%), bei den Einfuhren sind es 61 % (Investitionsgüter: 30%, Vorleistungsgüter: 31%).Während der Anteil der Vorleistungsgüter in beiden Lieferrichtungen in etwa ähnlich hoch bei rund 30 % liegt, nehmen die Investitionsgüter also bei den Ausfuhren mit 46 % einen deutlich höheren Anteil ein gegenüber 31 % bei den Einfuhren.
Laut Umsatzsteuerstatistik des Statistischen Bundesamtes gab es im Jahr 2016 in Deutschland folgende Struktur bei den insgesamt 3.266.429 Steuerpflichtigen in umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen: 2.176.944 natürliche Personen und Einzelunternehmen, 435.835 Personengesellschaften (z. B. OHG, KG), 574.268 Kapitalgesellschaften (z. B. GmbH, AG) und 79.382 sonstige Unternehmen:
Die Unternehmensstruktur im deutschen Außenhandel zeigt, dass die größten Unternehmen für den Löwenanteil des Außenhandelsumsatzes aufkommen. Unternehmen mit einem Jahresumsatz von über 100 Millionen Euro erwirtschaften im Export rund zwei Drittel des Gesamtwertes (ca. 1.300 Firmen), beim Import sind es 1.120 Firmen in dieser Kategorie, die für rund 60% aller Einfuhren verantwortlich sind.
Aufgrund der ungleichen Verteilung der Unternehmensstruktur können beim Außenhandel innerhalb der EU (Intrahandel) alle Unternehmen mit geringerer Bedeutung für das Gesamtergebnis – das sind 90% der Unternehmen – von ihrer statistischen Meldepflicht befreit werden. Die Gesamtzahl der in der Einfuhr tätigen Unternehmen liegt mit 720.000 etwa doppelt so hoch wie in der Ausfuhr.
Die Aktionärsstruktur von DAX-Unternehmen hat sich seit der im Jahr 2002 in Kraft getretenen Änderung des Körperschaftssteuergesetzes, durch die eine Steuerbefreiung für die Veräußerung von Unternehmensbeteiligungen eingeführt wurde, deutlich gewandelt. In der Vergangenheit war für Deutschland die Kontrolle von Unternehmen durch Mehrheitsaktionäre oder mehrere Großaktionäre typisch. Bei diesen Großaktionären handelte es sich häufig um andere deutsche Unternehmen, weshalb auch die Bezeichnung „Deutschland AG“ für ein gegenüber ausländischen Investoren abgeschottetes System der Unternehmenskontrolle geläufig wurde.
Die Aktionärsstruktur der 30 im DAX gelisteten Aktiengesellschaften zeigt heute ein anderes Bild. Von einer Abschottung der Unternehmen gegenüber ausländischen Investoren kann keine Rede mehr sein. Ende 2016 lag der durchschnittliche Auslandsbesitzanteil bei 54,0%. Im Jahr 2001 lag dieser Wert noch bei 35,5%. Bei vier Unternehmen sind mehr als 70,0% der ausgegebenen Aktien in ausländischer Hand (Infineon, Deutsche Börse, Adidas, Bayer), mehrheitlich im Besitz ausländischer Aktionäre befinden sich 18 Unternehmen. Den geringsten Anteil ausländischer Aktionäre wiesen in 2016 die Unternehmen Henkel und Lufthansa auf, wo sich 26% bzw. 30% der Aktien im Besitz ausländischer Anleger befinden.
Der Großteil der DAX-Aktien ist im Besitz von sogenannten institutionellen Investoren, zu denen Pensions- und Investmentfonds, Versicherungen und Kreditinstitute gezählt werden. Sie hielten 2016 im Schnitt 60,8% aller Aktien der DAX-Unternehmen. Privatanleger sind im Anlegerkreis der DAX-Unternehmen hingegen nur mit durchschnittlich 14,0% vertreten. 11,2% aller Aktien sind im Besitz von Investorenfamilien und Stiftungen, während das Engagement des Bundes mit 3,4% von vergleichsweise untergeordneter Bedeutung ist. Größter institutioneller Investor im DAX war im Jahr 2016 die BlackRock Investorengruppe, mit einem Anteil von 10,2% am institutionellen Streubesitz des DAX, gefolgt von der Vanguard Gruppe mit 4,1%.
Wie viel „Ausland“ in den 30 DAX-Unternehmen steckt – im Hinblick auf Anteile des Auslandsumsatzes am Gesamtumsatz, des Anteils der Mitarbeiter im Ausland an der Gesamtmitarbeiterzahl, dem Anteil ausländischer Aktionäre und dem Anteil ausländischer Mitglieder im Vorstand und Aufsichtsrat – illustriert die folgende Grafik:
27% der Aktienanteile an den DAX-Unternehmen entfallen auf das europäische Ausland, 20% auf Nordamerika/USA, 5% auf den Rest der Welt und für 7% gibt es keine Angaben. Dass diese Daten interpretiert werden müssen, zeigt die folgende Grafik, aus der hervorgeht, dass die US-Investmentfirma BlackRock in 2017 der mit weitem Abstand größte Empfänger von Dividendenzahlungen unter allen DAX-Aktionären war:
Ursache für die „Pole Position“ von BlackRock bei den Dividendenzahlungen ist die Tatsache, dass das US-Unternehmen maßgebliche Beteiligungen an allen DAX-Unternehmen hält, wie die anhängende Grafik für das Jahr 2015 illustriert:
Die Kritik am deutschen Außenhandelsüberschuss muss man nicht zuletzt aufgrund der Eigentümerstrukturen mit dem hohen Anteil ausländischer Aktionäre zumindest bei den 30 DAX-Unternehmen sehr differenziert betrachten – zumal die Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft vom Außenhandel nicht unbeträchtliche negative Seiteneffekte mit sich bringt.
Der Ökonom Daniel Stelter hat in einem überaus lesenswerten Artikel im Manager Magazin am 04.03.2015 unter dem Titel „Deutschland und die Eurokrise – Zehn Gründe, warum wir die Verlierer des Euro sind“ die wesentlichen Gründe zusammengestellt, warum das deutsche Exportwunder (welches erheblich durch die von der Europäischen Zentralbank betriebene Nullzinspolitik und Euroschwäche beeinflusst wird) erhebliche Schattenseiten mit sich bringt:
- ein enormer Export von deutschem Kapital ins Ausland – teilweise als Direktinvestitionen, überwiegend jedoch als Kredit zur Finanzierung des Schuldenbooms in anderen Ländern (wenig verwunderlich, dass deutsche Banken viel Geld im US-Immobilienmarkt verloren haben; schon vor Jahren bezifferte das DIW die deutschen Verluste auf Auslandsinvestitionen auf mindestens 400 Milliarden Euro).
- um ca. 25% höhere Preise, die deutsche Konsumenten für Importwaren und Reisen in Nicht-Euro-Länder zahlen müssen (Hinweis: Der „fair value“ des Euro liegt für Deutschland nach Berechnungen von Morgan Stanley bei ca. 1,54 USD/EUR).
- die Zinsverluste, die deutsche Sparer per Saldo durch die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank erleiden (laut Berechnungen der DZ-Bank summieren sich diese Zinsverluste zwischen 2010 und 2017 auf 248 Milliarden €)
Stelter schlussfolgert „So ist festzuhalten, dass die Eigentümer der exportorientierten Unternehmen am meisten von der Einführung des Euro profitierten. Bei den börsennotierten Unternehmen sind dies (wie oben ausgeführt) zum überwiegenden Teil ausländische Investoren, gegeben die Abneigung der Deutschen vom Aktienmarkt. Die weitere Gruppe der Profiteure sind die Beschäftigten der Exportunternehmen, die zwar stagnierende Löhne hatten, dafür aber einen Arbeitsplatz. Dabei muss man im Hinterkopf haben, dass zugleich auf den Binnenmarkt ausgerichtete Arbeitsplätze verloren gingen und das Lohnniveau insgesamt stagnierte.“
Ein paar Argumente, warum der deutsche Handelsbilanzüberschuss nicht zwangsläufig schlecht ist, führt Ludger Schuknecht (Chefvolkswirt im Bundesfinanzministerium) in diesem FAZ-Artikel vom 23.02.2017 an.
Fazit:
Eine Diskussion über den deutschen Handelsbilanzüberschuss ist ohne eine sorgfältige Betrachtung der Details nicht möglich (wer hätte das gedacht?). Mehr als 50% der deutschen Exporte resultiert aus den vier größten Warengruppen (Kraftwagen und Kraftwagenteile, Maschinen, chemische Erzeugnisse sowie Datenverarbeitungsgeräte, elektronische&optische Erzeugnisse) und ca. 1.300 große Unternehmen mit einem Jahresumsatz von über 100 Millionen Euro erwirtschaften im Export rund 66% des Gesamtwertes. Die Eigentümer dieser (häufig börsennotierten) Unternehmen sind überwiegend ausländische Investoren – dies gilt insbesondere für große Konzerne, wie Daimler-Benz, Volkswagen, BMW, Siemens, BASF, Bayer, Deutsche Bank, Allianz oder die Münchner Rückversicherung.
Der deutsche Handelsbilanzüberschuss hängt zudem von Faktoren ab, auf die die deutsche Bundesregierung entweder gar keinen oder nur begrenzten Einfluss hat, wie z. B. die Entwicklung des Euro-Wechselkurses oder des Ölpreises und die Lohnentwicklung, für die in Deutschland die Tarifparteien (Arbeitgeber und Gewerkschaften) verantwortlich sind. Durch die von Gerhard Schröder eingeleiteten Reformen im Zuge der „Agenda 2010“ wurden der Niedriglohnsektor und die Leiharbeit in Deutschland erheblich ausgeweitet, was neben der Lohnzurückhaltung der Tarifparteien in den Jahren nach der Euro-Einführung sicher dazu beigetragen hat, die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Exportwirtschaft zu verbessern. Diese „Flexibilisierung des Arbeitsmarktes“ führt allerdings dazu, dass viele Arbeitnehmer nicht mehr in der Lage sind, sich und ihre Familien von ihrem zu niedrigen Einkommen zu ernähren, 15,7% der Deutschen unterhalb der Armutsgrenze leben müssen (vor allem Arbeitslose, Niedrig-Qualifizierte, Alleinerziehende) und sogar jedes fünfte Kind bzw. jeder fünfte Jugendliche in dem ach so reichen Deutschland unter diesen Bedingungen aufwachsen muss (siehe Video „Armut in Deutschland„). Die Armutsquote in Deutschland ist in den vergangenen 15 Jahren übrigens von ca. 10% auf über 15% gestiegen.
Leider entscheidet in Deutschland die soziale Herkunft wiederum maßgeblich über die Bildungschancen eines Kindes. Bei gleicher Intelligenz und Kompetenz haben Kinder von Akademikern wesentlich bessere Aufstiegschancen als Arbeiterkinder. Besonders auffällig wird der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungsabschluss bei einem Blick auf die Studierenden in Deutschland: Laut der der Sozialerhebung 2012 des Deutschen Studentenwerks beginnen 77% der Kinder aus akademischen Familien ein Studium, hingegen nur 23% der Kinder aus nicht-akademischen Familien.
Hinzu kommt die signifikante Ungleichverteilung von Einkommen und Vermögen in Deutschland, die dazu führt, dass sich Bürger aus der Mittelschicht zunehmend von Armut bzw. Altersarmut bedroht fühlen. Marcel Fratzscher (Leiter des Deutschen Institutes für Wirtschaftsforschung in Berlin) sagt: „In keinem anderen Land der Euro-Zone besitzen die oberen 10% so viel, nämlich zwei Drittel des Privatvermögens, und fast 40% der Bevölkerung so wenig, nämlich nichts. Am gravierendsten aber ist die geringe Chancengleichheit. Die Möglichkeit für Menschen aus sozial schwachen Gruppen aufzusteigen ist in wenigen Industrieländern so gering wie hierzulande.“ und „In Deutschland haben 40% der Bürger Wohneigentum, während es im Rest von Europa 70 bis 90% sind. In Deutschland besitzen 40% der Bürger nichts, der Durchschnitt der Deutschen hat ein Privatvermögen von 51.000 €, während der Durchschnitt der Italiener ein Privatvermögen von 171.000 € hat„. Statistische Durchschnittswerte zu Einkommen und Vermögen haben aufgrund dieser Ungleichverteilung in Deutschland so gut wie keine Aussagekraft.
Wenn Ihnen dieser Blog gefallen hat, möchte ich Ihnen abschließend drei weiterführende Blogs aus meiner Feder ans Herz legen:
- „Die Lebenslügen des Euro“ vom 09.07.2018: https://kubraconsult.blog/2018/07/09/die-lebensluegen-des-euro/
- „Ungleichland und seine Folgen“ vom 08.05.2018: https://kubraconsult.blog/2018/05/08/ungleichland-und-seine-folgen/
- „Daten und Fakten zur Europäischen Union“ vom 07.12.2017: https://kubraconsult.blog/2017/12/07/daten-und-fakten-zur-europaeischen-union-update-12-2017/